History

1. Absicht und Ziele

Anstoß zur Eröffnung eines Weltladens in Wattwil war vor allem der Wunsch Erzeugnisse kaufen zu können, die in Ländern des Südens fair erzeugt wurden.

Im Aufruf zur Gründung des Vereins 3.Welt-Laden in Wattwil im Jahr 1980 finden sich folgende Absichten:

·         Wir möchten Produkte aus der 3.Welt sowie von wirtschaftlich uns sozial benachteiligten Gruppen in der Schweiz zusammen mit Information zum Verkauf anbieten.

·         Wir möchten den profitorientierten Zwischenhandel ausschalten und eine direkte Brücke bilden zwischen Herstellern und Käufern.

·         Wir möchten zum Nachdenken auch über unseren eigenen Lebensstil anregen.

Auf diese Aspekte wird auch heute noch großen Wert gelegt.

Als dann in den 90er Jahren die Nachfrage nach biologischen Erzeugnissen und Frischprodukten anstieg, war rasch klar, dass diese aus möglichst ökologischer Erzeugung und ohne lange Transportwege in den Verkauf kommen sollen.

Deshalb besteht das Angebot aus langlebigen Erzeugnissen aus den fairen Handel weltweit und aus ökologisch erzeugte Bioprodukte aus der Region – eben bio+fair !

Zudem wird nach wie vor nachdrücklich Wert darauf gelegt, dass die VerkäuferInnen die besonderen Qualitäten der Produkte kennen und über die Ansprüche an deren Herstellung informiert sind. So können sie dieses Wissen bei Bedarf an die Kundschaft weitergeben.

2. Werdegang des Vereins

Der Wunsch zur Einrichtung eines 3.Welt-Ladens entstand aus persönlicher Betroffenheit von Yvonne Wick und Veronika Zemp während ihrer Aufenthalte in Südamerika. Sie wollten etwas zugunsten der Ärmsten in jenen Ländern unternehmen. Deshalb verbreiteten sie die Idee zur Einrichtung einer Verkaufstelle von Produkten aus jenen Gegenden. Dem Aufruf folgten rasch weitere Interessierte und so konnten in wenigen Monaten gegen hundert Mitglieder angeworben werden.

Am 23. September 1980 fand die Gründungsversammlung des Vereins „3-Welt-Laden“ mit 58 TeilnehmerInnen in Wattwil statt. Dann begann die Suche nach dem Startkapital. Ein halbes Jahr später, war es soweit, dass am 21. Februar 1981 der erste Weltladen im Haus des Restaurants Schäfli an der Wilerstrasse eröffnet werden konnte.

Die Öffnungszeiten waren noch auf zwei Nachmittage pro Woche und den ganzen Samstag beschränkt. Das Verkaufspersonal arbeitete gratis, so wie das noch heute in vielen Claro-Läden der Fall ist. Es stellten sich auch weitere Helferinnen und Helfer zur Verfügung, sodass neben der Verkaufsgruppe auch eine Infogruppe und eine Literaturgruppe gebildet werden konnten. Besonders erwähnenswert ist die Vorführung mehrere Dritt-Welt-Filme im Kino Speer bei Gratiseintritt. Weiter Aktionen folgten, wie beispielsweise die erste Alu-Sammelstelle im Toggenburg.

Über all die Jahre arbeiteten sehr viele Personen im Vorstand, bei den Aktionen und als Ladenpersonal mit. Nicht wenige engagierten sich über Jahrzehnte für den Verein. Ihnen allen ist zu verdanken, dass wir einen großen Teil der täglichen Nahrung aus dem Bioladen, regional und fair erzeugt, beziehen können.

3. Standortsveränderung des Weltladens

Von 1981 bis 1984 befand sich die Verkaufsstelle im Parterre des Hotels Schäfli an der Wilerstrasse. Doch allmählich stieß dieses Lokal an seine Kapazitätsgrenzen. Zudem wollte es der Besitzer selber nutzen. Deshalb begann die Suche nach einem größeren Raum. An der Rickenstrasse 31/33 wurde man fündig und so konnte dort der neue Laden eingerichtet und am 5. Mai 1984 eröffnet werden. Das Geschäft war im hinteren Bereich des Hauses untergebracht, dort wo sich heute die Fahrschule befindet.

Doch auch hier reichte der Raum nach wenigen Jahren nicht mehr aus, sodass zwei Räume im vorderen Teil des gleichen Hauses angemietet wurden. Ab dem 14. Januar 1989 konnte diese Erweiterung mit Präsentation in zwei Schaufenstern zur Rickenstrasse einer breiteren Öffentlichkeit vorgezeigt werden.

Sechs Jahre später übersiedelte der Weltlanden an die Volkshausstraße 21 in das ehemalige Geschäft von Foto-Abderhalden. Der große und helle Raum ermöglichte die Ausweitung des Angebots auf regionale, biologische Frischprodukte zusätzlich zu den bereits bewährten Erzeugnissen aus dem fairen Handel. Seit der Eröffnung am 28.Oktober 1995 wird dort unsere Kundschaft von geschultem und Personal bei bescheidenem Lohn bedient.

Vom Januar bis Februar 2003 erfolgte ein umfangreicher Umbau. Obwohl der Standort seither nicht mehr wechselte, wurde und wird der Laden im Rahmen der Möglichkeiten verschiedentlich den neuen Bedürfnissen angepasst.

4. Namensanpassungen

Der Verein startete 1981 mit dem Verkauf unter der Bezeichnung „3.Welt Laden“.

Als Lieferant bot sich die „Organisation Schweiz 3. Welt“ (OS3) an, welche vorwiegend Erzeugnisse aus den ärmeren Ländern bezog. Indem OS3 in jenen Gebieten Kooperativen unterstützten, welche den Bauern bessere Löhne bezahlten als die Großkonzerne, sorgten sie nicht nur für gerechtere Verhältnisse, sondern versetzten diese Bauern zudem in die Lage, vermehrt biologischere Produkte zu erzeugen.

In den folgenden Jahren wurde der Begriff „3.Welt“ zunehmend als diskriminierend für die Länder des Südens empfunden. Deshalb fand ich im Archiv bis 1997 sowohl die Bezeichnungen „Welt- und Bioladen“ wie auch „Weltladen Wattwil“.

Am 28. August 1997 gab es erhebliche Veränderungen bei der „OS3“. Seitdem nennt sie sich „Claro AG“. Das veranlasste den Vorstand vom „Weltladen Wattwil“ dazu, an der folgenden Jahresversammlung eine Namensänderung in „Claro-Welt- und Bioladen“ zu beantragen. Dieser Name blieb bis 2006. Ab dann hieß unser Geschäft nur noch „Claro-Bioladen“. Und seit dem März 2012 freuen wir uns über die Bezeichnung „bio+fair“.

Die letzte Namensänderung drängte sich auf, weil die Claro AG im Jahr 2010 mitteilte, dass nur noch jene Bioläden, welche mindestens 50 Prozent Claro-Produkte verkaufen, weiterhin als Claro-Laden bezeichnet werden dürfen. Da der Bioladen Wattwil seine Einkünfte zu größeren Teil durch regionale Bioprodukte erzielt, war diese Bedingung nicht erfüllbar. Nachdem unser Vorstand in den Verhandlungen mit der Claro AG kein Nachgeben erreichen konnte, begann die Suche nach einer neuen Bezeichnung für den Laden. Rasch war klar, dass der Namen sowohl für biologische Produkte wie auch solche aus dem fairen Handel werben soll. An der Jahresversammlung vom 22. März 2012 einigten sich die TeilnehmerInnen auf den Namen „bio+fair“ mit dem Zusatz „Claro-Partnerladen“.

5. Ausweitung des Angebots

In der Anfangszeit wurden Kaffee, Tee, Reis, Nüsse, Trockenfrüchte, Gewürze, Wollartikeln, Keramik, Körbe, Musikinstrumente aus Afrika und Jutetaschen angeboten. Jutetaschen waren während Jahren fast so etwas wie ein Markenzeichen für die Weltläden. Guten Absatz brachte der Honig aus Guatemala und Mexiko. Vorreiter war der Weltladen auch im Verkauf von Erzeugnissen aus echtem Umweltschutz-Papier. Es gab zwei Qualitäten von Recycling-Papier das billigere dunkle und das hellere. Beiden wurden ohne das belastende Deinking-Verfahren hergestellt. Das heller gewann man aus handverlesenem Altpapier.

Zur Verbesserung der Information über die Lebensbedingungen in den südlichen Ländern wurden Büchern, Tonträger, Plakate und Unterrichtsmaterialien zur 3.Welt-Problematik angeboten.

Im Laufe der Zeit kamen weitere haltbare Nahrungsmittel wie nicht raffinierte Zuckersorten dazu und als erstes Frischprodukt die „fairen“ Bananen.

Naturkosmetik, ökologisch Reinigungs- und Waschmittel, Schmuck, Spielsachen, Kleider und Kunsthandwerk aus der ganzen Welt erweiterten nach und nach das Angebot.

Mit dem Umzug an die Volkshausstrasse ab dem Jahr 1995 setzte der Verkauf von biologischen Frischprodukten aus der Region ein. Um diese Neuerungen der Kundschaft bekannt zu machen, wurden Hofbesichtigungen bei verschiedenen Zulieferern organisiert. Damit konnte das Angebot mit biologischen Frischprodukten aus regionaler Erzeugung erheblich erweitert werden. Inzwischen bilden sie die ergiebigere Einkommensquelle als das Claro-Angebot.

In diesen Jahren wurde auch der Wunsch nach gentech-freier Nahrung lauter. Der Weltlanden legt seitdem großen Wert auf ein unbelastetes Angebot.

Zu den derzeitigen Angebots-Rennern zählen die bewährten Produkte von Biofarm (zahlreiche Varianten von Getreide und Müesli) und auch von Terra Verde (Essig, Saucen, Sugo). Bei den Ölen werden am häufigsten Raps- und Leinöl verlangt.

Die wachsende Zahl an Veganern im Toggenburg freut sich über das steigende Angebot von Sojade-Joghurt und Tofu in mehreren Variationen. Auch Bio-Rahm aus Soja und Milchersatz-Getränke finden wachsenden Absatz.

Demgegenüber blieb der Verkauf von Fleisch aus der Region ziemlich stabil. Bezüglich Fleisch und Milchprodukte bleibt ganz wichtig, dass diese Erzeugnisse aus artgerechter Tierhaltung stammen.

Erwähnenswert sich auch Schweizer Früchte. Sie lassen sich sehr gut verkaufen. Doch leider ist das regionale Angebot oft deutlich kleiner als die Nachfrage. Also – regionale Bio-Erzeuger – meldet euch beim Bioladen !

Remy Holenstein – 25. August 2012